Meine 3 Learnings zu einer tieferen Verbindung mit meiner Erstgeborenen

Die Zeit nach der Geburt eines zweiten Kindes ist intensiv. Jeder Tag bringt neue Überraschungen und so viel zu tun. Die Einstellung auf ein neues Leben mit Baby ist sicherlich einfacher als noch beim ersten Mal – Wickeln, Baden, Wippen und Weinen sind alles altbekannte Dinge, die nicht neu erlernt werden müssen. Stattdessen stellt sich ein anderer Spießroutenlauf ein: die Balance zwischen Aufmerksamkeit für dein Erstgeborenes und Neugeborenes zu finden.

Mir fiel es anfangs gar nicht so sehr auf, aber irgendwann stellte ich fest, dass sich meine ältere Tochter vernachlässigt fühlte.

Irgendwann war ein Bruch passiert, sicherlich nicht mit einem einzigen Ereignis, sondern als Abfolge vieler kleiner Begebenheiten, die mich mein kleines Baby der großen Schwester vorziehen ließ. In manchen Momenten fiel mir auf, dass sie sich zurückzog, allerdings war sie auch immer ein ruhiges Kind gewesen und ich konnte es wohl lange übersehen, dass sie mehr zurücksteckte, als ihr und mir lieb war. Schon als Baby war sie eines der Kinder, das lange Zeit auf einem Fleck in meiner Nähe saß und alle anderen beobachtete. Sie war immer großzügig, teilte bereitwillig, war niemals aggressiv aber besonnen, ruhig und neugierig.

 

Als ich schwanger war, freute sie sich auf ihre kleine Schwester und auch nach der Geburt waren keine meiner Sorgen über Eifersucht eingetreten. Sie war großzügig wie eh und je, war eine gute Unterstützung im Babyschaukeln und liebte es, die Große zu sein. Während dem häufigen Stillen und Wickeln war sie geduldig und wartete, bis ich wieder mit ihr spielen konnte. Sie liebte ihre kleine Schwester über alles!

 

Leider war es so, dass N. nicht sonderlich viel schlafen, aber sehr viel gestillt werden wollte, was uns, bei aller Liebe, so einige Nerven und vor allem intensive Zweisam-Zeit raubte. Ein paar Monate später kam die Eingewöhnung in den Kindergarten und so kippte das – eh schon eigentlich nicht vorhandene – Gleichgewicht um.

 

Irgendwann im letzten Jahr wurde sie immer anhänglicher. Sie wollte nicht mehr in den Kindergarten (noch dazu sind inzwischen 2 beste Freundinnen plus ihre Lieblingspädagogin umgezogen). Ich war bis dahin auch jedes Jahr mehrmals auf Fortbildungen, was nie ein Problem war. Aber jetzt - Keine Übernachtungen mehr bei den Omas ohne Tränen.

 

Gleichzeitig hatte sich mein „Baby“ zur Langzeitstillerin entwickelt und so bekam sie mich und meine Kuscheleinheiten immer und überall, wenn sie wollte. Abends konnte ich allerdings nicht so toll mit beiden Kindern kuscheln – ich hatte nämlich vor allem nachts etwas übersehen: unser Bett war natürlich an einer Seite offen und beide Töchter hatten Angst, am Rand zu liegen und so lag ich außen und meine Jüngere lag zwischen der Älteren und mir.

1. Familienleben darf einfach sein und unkonventionell

Mein am schnellsten umgesetztes Learning war also, nachdem der Platz im „Familienbett“ sowieso zu eng wurde, dass wir uns quer im Bett hinlegten, um die vollen 2 Meter Länge auszunutzen. So liege ich also in der Mitte und beide Mädels können geschützt und in Ruhe mit mir Kuscheln. Auch beim Essen sitze ich derzeit immer zwischen den Kindern. Das waren jetzt natürlich sehr individuelle Lösungen, die wir speziell für unseren Familienalltag gefunden hatten. Aber: Schau dich um! Was kannst Du tun?

Beobachte immer wieder in deinem Tagesablauf, wo Schwierigkeiten bestehen, die eigentlich durch einfach umzusetzende Veränderungen gelöst werden können.

2. Dein erstes Kind bleibt immer dein erstes Kind

Auf einer meiner Ausbildungswochen lernte ich etwas Wichtiges: in einer der täglichen Morgenrunden weinte darüber, dass ich den Kontakt zu J. verliere und sie sich abwendet, dass sie traurig wird und sich zurückzieht. Ich erzählte der Gruppe davon, dass ich es nicht schaffe, beiden Kindern gerecht zu werden. Ich war geknickt.

Mit dem Aussprechen dieser Ängste wurde mir nun aber so richtig bewusst, wie wichtig es mir war und dass es nicht so weitergehen sollte. Meine Wünsche wurden klar und die Prioritäten neu gesetzt.

Später an diesem Tag spazierte ich mit einer Kollegin in die Berge. Wir gingen lange nebeneinander her und sie erzählte mir von den Erkenntnissen ihrer eigenen Mutterschaft. Eine davon blieb mir sehr deutlich in Erinnerung: Dein erstes Kind bleibt immer dein erstes Kind!

Egal wie alt es ist, so sollte diese kleine Faustregel doch die Prioritäten für den Alltag klären, wenn du mal unsicher bist, wem du zuerst Aufmerksamkeit schenkst. Servierst du zum Beispiel das Essen, bekommt das Älteste zuerst. Dann das mittlere, dann das jüngste.

 

Achtung: Es gibt Ausnahmen! Hier geht es nicht darum, hart zu bleiben, sich durchzusetzen oder dein Baby in seiner Not zu vernachlässigen. Ältere Geschwister wissen meistens, was dringend ist und was nicht und können abwarten. Volle Windeln, leere Magen, Schmerzen, usw… Natürlich kommt ein Baby in vielen Fällen zuerst und soll nicht alleine weinen!

 

Aber: Mit der Zeit vergessen wir auch manchmal, dass unser Baby schon aus diesem Alter entwachsen ist und wahrscheinlich doch ein bisschen hätte warten können.

 

N. war seit ihrer Geburt sehr ausdrucksstark, was ihr Weinen anging. Markerschütternd und ausdauernd. Und das blieb bis heute so. Sie hatte meine Aufmerksamkeit und J. musste warten. "Gleich!" kam es oft aus meinem Mund und ich merkte gar nicht, wie oft ich sie auf später vertröstete.

 

Außerdem vergessen wir, dass unsere Großen bei der Geburt ihrer Geschwister oft selbst noch klein sind! Sie verlieren aber von einem Tag auf den anderen unsere Aufmerksamkeit. Irgendwie abgestellt auf dem Wartegleis.

 

Gleichzeitig, denken und sagen wir plötzlich Dinge wie „Ach, Du bist schon groß“ und „Du kannst das jetzt alleine“. So wirklich stimmt das aber nicht. Bisher konnten unsere Großen immer auf uns zählen, hatten immer Hilfe und waren gut aufgehoben. Auf einmal ist das nicht mehr so. Ein Gefühl von Verlassenheit stellt sich ein.

3. Exklusive Spielzeit schafft Verbundenheit, Nähe und Vertrauen

Obwohl ich die Notwendigkeit schon irgendwie erkannte, war sie in meinem Kopf noch nicht so dringlich: die Exklusivzeit. Immer waren die Kinder gleichzeitig zuhause. Immer waren sie zusammen. Im letzten Jahr wurde J. sehr viel deutlicher in ihrem Ausdruck, öfters aggressiv und gereizt gegen ihre Schwester und erst vor kurzem fielen Sätze wie „Geh weg!“ oder „DU NERVST!“

 

Natürlich kommt Geschwisterstreit vor!

Mir fiel aber auf, dass J. dringend Zeit für sich allein brauchte. Sie brauchte Ruhe - nicht nur mit mir exklusiv, sondern auch mit sich selbst. In unserer kleinen Wohnung war das schwer, es musste also eine zeitliche Trennung her.

 

Unsere persönliche Lösung ergab sich, als J. im Laufe des letzten Jahres begann, schlecht einzuschlafen. Sie lag manchmal um 20 Uhr im Bett und schlief erst zwei Stunden später ein. Wir quälten uns im Bett – sie, weil sie das Gefühl hatte, nicht einschlafen zu können und sich nur NOCH mehr im Bett wälzte. Und ich, weil ich das Gefühl hatte, ich würde wohl NIEMALS wieder einen „ruhigen Abend“ mit meinem Partner verbringen oder mal abends noch etwas Bürokram erledigen können. Wir verbrachten die Zeit oft damit, dass ich sie massierte, dass wir miteinander redeten und kuschelten. An manchen Abenden war ich aber so fixiert auf meinen „ruhigen Abend“, dass ich meinerseits wieder aggressiv wurde und alles noch schlimmer wurde. Ich WOLLTE nicht stundenlang dasitzen und warten, bis sie einschlief.

 

Daher bin ich dazu übergegangen, dass ich N., die schnell einschläft, früher hinlege und J. noch länger aufbleiben darf. Sie spielt in der Zeit mit Papa und genießt die Ruhe, die sie eigentlich braucht. Nachdem N. eingeschlafen ist, verbringe ich auch noch etwas Zeit mit J. und bringe sie dann ins Bett. Manchmal kann ich nebenher auch noch etwas erledigen, während sie malt oder wir malen gemeinsam oder ich lese vor. Wir sind so alle zusammen, haben ungestört Ruhe und Zeit füreinander. Mir ist dadurch aufgefallen, dass diese eine Stunde ihre Bedürfnisse wunderbar stillt und sie insgesamt schneller und früher einschlief. Es wirkte so, als wäre sie gesättigt und zufrieden.

 

Wo kannst du Zeit und Raum für Exklusivität für ältere Geschwister schaffen?

4. Es gibt viele Dinge, die warten können.

Nur deine Kinder gehören nicht dazu.

 

Ich weiß, es nervt. Immer und überall "Mama Mama Mama" und Mama hat nun mal wichtiges zu erledigen - Arbeit, Haushalt, Kochen, Erledigungen, ... eigentlich sind wir ja völlig überbuchte Vollzeitmanagerinnen.

Viel zu oft hab ich mich dabei erwischt, nach der Kindergartenzeit noch dies und das erledigen zu wollen. Ambitioniert, mit endloser ToDo-Liste im Kopf, hing ich am Computer, am Telefon, über Büchern und ja... Meine Durchschnaufpausen bestanden auch lange Zeit darin, durch Instagram zu scrollen. Zeit, die ich eigentlich sinnvoll mit voller Aufmerksamkeit mit den Kindern verbringen hätte können.

 

Unsere Großen brauchen und vermissen uns, wenn wir mit unserer Aufmerksamkeit zu häufig woanders sind. Auch wenn die Geschwisterkinder anwesend sind, kann eine Stunde gemeinsame Spielzeit heilsam sein.

 

Es gibt jeden Tag so viel zu tun – finde heraus, was DIR wichtig ist und setze deine Prioritäten. Überdenke auch Konventionen. Nicht alles, was früher so gemacht wurde muss man heute noch so machen. Die Zeit mit deinen Kindern kann dir jedenfalls kein glänzendes Fußboden zurückgeben.

 

 

TIPPS FÜR MEHR MAMA-ZEIT und PAUSEN:

 

  • Probier mal aus, dich einfach aufs Sofa zu setzen. Nicht den ganzen Nachmittag, aber immer wieder. Pause für dich, aber Aufmerksamkeit für deine Kinder!

Oft musst du nur danebensitzen und da sein, deine Kinder beobachten. Wollen sie spielen? Spiele mit ihnen. Du spielst nicht gerne? Zieh dich nach ein paar Minuten aus dem Spiel heraus und beobachte wieder.

 

  • Lies ein Buch, das dich selbst interessiert. Oft lese ich den Kindern geeignete Erwachsenenbücher vor, besonders abends. Sie lieben es, vorgelesen zu bekommen, schlafen gut und gemütlich ein und ich hab wieder ein paar Seiten geschafft.

Viele Themenbücher gibt es auch gut für Kinder aufbereitet, momentan lesen wir eines über Mythologie - so lerne ich dabei auch etwas.

 

  • Freies Spiel? Du machst gerne Yoga oder malst gerne? Involviere deine Kinder in Dinge, die dir selbst Freude machen!

Ein wichtiger Aspekt des verlorenen Kontaktes ist oft, dass wir uns keine Zeit mehr für uns selbst und unsere Hobbies nehmen. Ich habe aber beobachtet, dass unsere Kinder ganz fasziniert davon sind, wenn wir uns darum kümmern und sie machen so gerne mit. Natürlich ist es nicht das gleiche, alleine zur Entspannung etwas für sich zu machen, oder mit den Kindern. Sicherlich dürfen gemeinsame Zeit und Allein-Zeit der Mama nicht jedes Mal durchmischt werden. Aber: vergiss nicht, dass diese Momente Authentizität schaffen. Sie erlauben deinen Kindern, vor allem den Älteren, dich von einer Seite zu sehen, die sie sonst nicht kennen. Und sie ermöglichen ihnen, sich auch Zeit für sich selbst zu nehmen.

Alles, was ich hier erwähne sind sehr individuelle Erfahrungen. Vielleicht helfen sie dir, deinen Weg zu finden. Wie gesagt – Familienleben DARF einfach sein! Und es darf unkonventionell sein. Die Regeln und Normen, die wir oft übernehmen, dienen nicht immer unserem Wohlbefinden. Findet Lösungen, die FÜR EUCH passen!

 

Der Wegweiser dafür sind deine Intuition, deine Gefühle und die Gefühle deiner Kinder und deines Partners. Probiere etwas Neues und freue dich über Veränderungen.

 

 

Alles Liebe,

Marion

 

Hast du Fragen an mich? Schreib mir doch!

 

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